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Babybrei & Co

05.09.2018

Elisabeth Petermann

Babybrei & Co galt lange als nicht besonders „sexy“ Foodkategorie. Alete und Hipp dominierten den Markt, Innovationen waren kaum zu sehen. Seit kurzem kommt Bewegung in den konservativen Markt, denn aufgrund der neuen Food Startup-Kultur ändert sich auch bei der Auswahl an Babyfood-Produkten einiges. Weiterer Treiber: die Millennials – sie nehmen Abstand von Big Food Brands, haben weniger Marken Loyalität und bevorzugen kleine, individuelle Hersteller, die Produkte besser und schneller an ihre Bedürfnisse anpassen. Startups kommen viel mehr ihrem Wunsch nach Transparenz, Ethik und Nachhaltigkeit nach. Da Millennials bereit sind mehr Geld für besseres Essen ausgeben, sind die höheren Produktionskosten der Startup-Foods und damit höhere Preise kein großes Thema. Damit setzt nun auch ein Boom an High-Quality und Special Baby- & Kidsfood ein.[1]

Was unterscheidet die neuen Babyfood Startups von den Traditionsherstellern?

Startups setzten zumeist auf

  • innovative Herstellungsverfahren (z. B. Hochdruckbehandlung wie von Yamo[2] aus der Schweiz;
    Schockfrosten)
  • Bio
  • besondere Zutaten (Datteln, Ingwer, Quinoa, …)
  • wagen sich in die Kühl- oder Tiefkühlkategorie (u. a. Nuri[3] aus Berlin)
  • Lieferdienstbasis (u.a. Yumi[4] aus USA).

Babyfood-Markt[5]

Der Babyfood-Markt macht 2 % der weltweiten Food-Gewinne, bei 0 % (gerundet) der Volume-Sales in 2016, aus. Aktuell werden in China die meisten Erlöse erzielt.

Weltweiter Umsatz: USD 40 Mrd. in 2017. Wachstum auf USD 50 Mrd. bis 2021 erwartet.

Auf Europa bezogen[6]: Revenue EUR 4,8 Mio. in 2018. CAGR von 2,6 % (2018 – 2021).

In Deutschland[7]: Wetbabyfood (Brei & Co): EUR 400 Mio. / + 8 % p.a.; Quetschies: + 60 % p.a.

China

Nach Beendigung der Ein-Kind-Politik in 2016 stieg die Nachfrage nach Baby-Food in China gewaltig. Danone hat beispielsweise Zuwachsraten von 30 % im Babyfood-Segment.[8] Nach Auskunft von Ex-Pats die in China stationiert waren, ist es allerdings immer noch schwierig dort hoch-qualitative und vertrauenswürdige Babynahrung zu bekommen. Auch ausländischen Importen kann nicht vertraut werden, da Lieferanten und Händler oft die ausländische Ware am Schwarzmarkt verkaufen und im Handel stattdessen billige Kopien von minderer Qualität landen.

Kosten: New Babyfood bis zu 5 x teurer

Die neuen Babyfood-Marken sind aber auch um ein vielfaches teuer als Traditionsmarken. Ein Beispiel: Der frische Brei von Yamo aus der Schweiz kostet in Österreich ca. EUR 2,40 für einen 125g Becher – und damit ca. dreieinhalbmal mehr als ein vergleichbares Hipp-Glas (Yamo: EUR 1,95/100g; Hipp: EUR 0,55/100g). US-Startups verlangen noch mehr: bis zu USD 7 pro Mahlzeit (z. B. Yumi). Das ist dann ca. fünfmal teurer als ein Glas von Hipp.

Herausforderungen

Die größte Herausforderung bei Babyfood sind die strengen Richtlinien:[9]

  • Zutaten: In Essen für Kinder unter drei Jahren dürfen bestimmte Zutaten nicht enthalten sein (zusätzlicher Zucker, Mineralstoffe, Konservierungs- und Farbstoffe).
  • Kalorien: Die Breie dürfen max. 60-70 Kcal/100ml aufweisen.
  • Verpackung: Angabe von exakten Zubereitungshinweisen auf der Verpackung. Verbot von Gesundheitsversprechen.
  • Rohstoffe: Bei Säuglingsnahrung ist die Rohstoffbeschaffung eine Herausforderung, da viele Bauern die Werte für die Schadstoffbelastung nicht einhalten können, bzw. nicht die Garantie dafür übernehmen wollen.
  • Geschmack: da keine Gewürze oder Aromen enthalten sein dürfen, müssen die Breie „natürlich“ gut schmecken.
  • Überprüfungen, Labortests: vor dem Marktstart muss ein Babynahrungshersteller in Deutschland beim Amt für Lebensmittelsicherheit gemeldet sein. Überprüfungen der Behörden sind die Regel.

Responsible & Healthy Snacks für Kinder[10]

Neben neuen Babybreien kommen neue, gesunde Snack Optionen für Kinder auf den Markt. Dabei werden schonende Herstellungsverfahren eingesetzt, die Vitamine, Mineral- und Ballaststoffe intakt halten. „Responsible Snacking“ nennt sich dies. Die größte Herausforderung dabei ist, den Konsumenten diese Mehrwerte gut zu kommunizieren, damit sie auch bereit sind den höheren Preis zu zahlen – so der Gründer des niederländischen Startups Fruitfunk (*2014, www.fruitfunk.com) Robert de Weert.

Gute Wachstumschancen: unter den 1.000 Fastest Growing Companies Europas (2012 – 2015) sind zwei von den 54 Food & Beverage Firmen aus dem Kids-Snack Bereich:[11]

  • Erdbär „Freche Freunde“ (*2010, frechefreunde.de) aus Deutschland: liegt auf Platz Nr. 30 der 1.000 Fastest Growing Companies Europas. CAGR (2012-2015) von 192,4 % (Revenue 2015: EUR 12,5M).
  • BBB (Gout Good) (*2010, www.goodgout.fr) aus Frankreich: Platz Nr. 88. CAGR (2012-2015) von 129,4 % (Revenue 2015: EUR 6,4M).

Kritische Stimmen

Insbesondere „Quetschies“ zeigen hohe Wachstumsraten (in Deutschland + 60 % p.a., in England machen sie 25 % der Babyfoodverkäufe aus). Sie kamen vor ca. 10 Jahren auf den Markt und erfreuen sich bei Eltern höchster Beliebtheit, da das Kind schnell und einfach Obst und Gemüse aus dem Beutel heraussaugen kann. Mediziner und Ernährungswissenschaftler warnen allerdings: es wird verlernt richtig zu Essen und zu Kauen, der kommunikative Aspekt des Essens wird nicht erlernt und es wird ständig gesnackt.[12] Es scheint, als würden schon Babys/Kinder in Zeiten von Smoothies, Soylent & Co auf „Essen-on-the-Go“ konditioniert.

Erfolgskurs? – hoher Kapitalbedarf nötig, aber Retail nimmt neue Konzepte an

Nicht immer ist ein neuer, gesunder Babybrei oder Kindersnack ein Garant zum Erfolg. Dies musste auch das Nürnberger Startup babyviduals (gegründet 2010, Tiefkühlbabyfood, www.facebook.com/babyviduals) feststellen. 2018 gab das Startup auf. Gründe laut Facebookseite: hoher Kapitalbedarf für Werbung und Vertrieb um das neue Babyfood-Konzept in der Breite bekannt zu machen und um damit wirklich rentabel zu sein.[13]

Der Handel scheint allerdings gut auf die neuen Babyfood-Produkte anzuspringen. Löwenzahn Organics (www.loewenzahnorganics.com) ist schon länger bei DM Deutschland und BIPA Österreich gelistet. Nun kommt Yamo (www.yamo.ch) hinzu. In 48 deutschen DM Filialen kommt der gekühlte Babybrei aus der Schweiz in den Verkauf. Das ist eine besondere „Auszeichnung“ von DM, denn bislang führte die Drogeriekette keine gekühlten Food-Produkte.[14]

Fazit

Die Diversifizierung am Babyfoodmarkt ist zu begrüßen. Neue, gesunde Alternativen zu Traditionsmarken machen es Eltern leichter ihren Kindern die passende Ernährung zukommen zu lassen, ohne dass sie selbst stundenlang in der Küche stehen müssen. Natürlich zahlt man den Preis dafür. Nachdem die Millennials aber bereit sind, mehr Geld für besseres Essen auszugeben, genauer auf Inhaltsstoffe und Herkunft achten, gleichzeitig aber Convenience und Lieferservice aufgrund von Zeitknappheit schätzen, werden sie diese Einstellung auch bei der Ernährung ihrer Kinder weiterführen und zu den neuen Babyfoodmarken greifen.[15] Auch Investoren und Händler haben dies erkannt und investieren in erfolgsversprechende Babyfood-Konzepte, bzw. nehmen diese ins Sortiment auf.

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